Sehnsuchtstexte zum Weitergeben
"Im Chaos der Gefühle, das die momentane Lage auslöst, spüre ich neben großer Hilflosigkeit vor allem eine unbändige Sehnsucht nach Frieden", schreibt Autorin Tina Willms in einem Rundschreiben. Die studierte Theologin ist in vielen Gemeinden durch ihre Lesungen bekannt. Einige Texte hat sie nun an Gemeinden verschickt. „Ich will nicht steckenbleiben in der Hilflosigkeit. Ich möchte der waffenstrotzenden Welt eine Hoffnung entgegenhalten, die mir der Himmel ins Herz gesät hat.“ Ihre Texte dürfen verlesen, abgedruckt und weitergegeben werden.
Unverwüstlich
Nein, ich schlag mir die großen Träume nicht aus dem Kopf:
Schwerter zu Pflugscharen.
Wolf und Lamm beieinander.
Kinder verlernen den Krieg.
Mein Herz ist Pazifistin, ist unbelehrbar darin.
Angesteckt von einer Kraft, die in uns Gedanken des Friedens denkt.
Liebe lautet ihr universaler und unverwüstlicher Name.
Und so ersehne ich ein Friedensministerium und keins für Verteidigung.
Und träume davon, dass die Militärhaushalte der Welt umgewidmet werden,
um die Wunden der Erde zu heilen.
© Tina Willms
Friedensgruß
Schalom! Salam! Friede sei mit dir!
Mit jedem Friedensgruß, gesprochen und gelebt, würdigen wir den, der anders ist als wir selbst. Wir hüten die Hoffnung, dass sich im Fremden ein Freund verbirgt, dass aus Schwertern Pflugscharen werden und unter einem Panzer manchmal Flügel schimmern.
© Tina Willms
Gott spricht: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Genesis 9,13 (L)
Frieden erklären, nicht Krieg
Nach der Sintflut sieht Gott, was er angerichtet hat. Und er bereut seinen vernichtenden Zorn.
Darum gibt er ein Versprechen:
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Das Zeichen, das sein Versprechen besiegeln soll: Gott hängt seinen Kriegsbogen weg, hängt ihn in die Wolken, als – Regenbogen.
Einmal aus der Hand gelegt, verwandelt sich das Kriegsgerät zum Friedenszeichen. Leuchtend und kraftvoll, zerbrechlich und zart. Gott zeigt sich nun so verletzlich wie bisher noch nie.
Und sein Bogen wird zur Scheidelinie, er trennt Zorn und Tränen von Wärme und Licht.
Wenn ich einen Regenbogen sehe, dann ist es, als überspanne er die Zeiten, als verbinde er das Versprechen von Damals mit dem Heute. So darf ich es auch auf mich beziehen. Wie fragil ist mein Leben! Ich sehne mich danach, dass es gesegnet ist.
Jeder Regenbogen sichert mir zu, dass es nicht Gott ist, der Unheil über die Erde bringt. Wer sich auf ihn beruft, um andere Menschen zu vernichten, der lügt. Mit Gott ist kein Krieg zu machen.
Gott hat der Erde den Frieden erklärt, nicht den Krieg.
Was würde geschehen, wenn auch wir wagten, die Waffen aus der Hand zu legen und uns verletzlich zu zeigen?
Bis heute spannt sich der Regenbogen über den Himmel, immer wieder. Eine Brücke, die Erde und Himmel verbindet. Dann scheint wahr zu sein, was doch so unmöglich erscheint:
Das Grau des Krieges weicht den Farben des Friedens. Zerbrechlich und zart sind die. So wie wir Menschen. Und doch sind sie auch leuchtend und kraftvoll. So wie das Leben.
Warum ...
Weil ich nicht leben will
ohne die Träume,
die er geträumt hat
von einer Welt,
in der Kinder den Frieden lernen
und nicht den Krieg,
und Löwe und Lamm
beieinander liegen.
Weil ich nicht sein kann
ohne die Bilder,
die er gesehen hat
von uns Menschen:
mehr als gesund, nämlich: heil
und mit lebendigen statt
steinernen Herzen.
Weil ich nicht gehen mag
ohne die Sehnsucht,
die er gespürt hat
nach Gegenüber und Ebenbild,
um sein himmlisches Leben
zu teilen.
Weil seine Träume
wie silberne Fäden
die Tage durchwirken
und seine Bilder
die dunklen Herzen
wenden ins Licht.
Weil seine Sehnsucht
in tote Winkel dringt
und sie belebt.
Weil Träume, Bilder
und Sehnsucht endlich
zu unseren werden
und er durch uns
die Erde verwandelt.
© Tina Willms
Autorin Tina Willms, Foto: Privat