Vom Winde verweht?
Wer am Sonntag vor drei Wochen in Scharbeutz am Strand spazieren ging, konnte sich wundern: Kinder, Mütter und Väter, mit Sandeimern und Schaufeln bewaffnet, bauten bei schönstem Sonnenschein kunstvolle Gebilde in den Sand - die ev.-luth. Kirchengemeinde war auf Familienfreizeit an der Ostsee.
Wer näher herantrat, konnte auch bewundern: denn was es da zu sehen gab waren mitnichten schnöde Burgen, sondern grandiose Bauten. Es gab auch eine Meerjungfrau mit allem drum und dran, ein Sandpferd, ein Krokodil mit gefährlichen Zähnen und – natürlich - ein deutungsoffenes Kunstwerk.
Wer ein paar Tage später an der gleichen Stelle spazieren ging, der konnte sich noch mehr wundern: da waren dann nur noch deutungsoffene Kunstwerke zu besichtigen – Wind, Regen und Wellen hatten nur ein paar Hügel mit Muscheln und Algen zurückgelassen.
Und wer heute einen Spaziergang dort machen würde, der hätte gar nichts mehr, worüber er sich wundern könnte – nichts erinnert mehr an uns, es ist so, als wären wir nie da gewesen.
Dann hätten wir das ja gar nicht machen müssen?
Wenn ich aber jetzt – vielleicht an einem grauen Oktobertag - die Augen schließe, dann kann ich den Sand unter meinen Füßen spüren, die heranrollenden Wellen sehen, das fröhliche Kinderlachen um mich herum hören.
Wenn ich solche Visionen habe, dann könnte ich natürlich zum Arzt gehen. Ich könnte aber auch einfach sagen: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich (Psalm 106,1)!“ Danke dafür, dass ich das erleben durfte und dass ich mich daran erinnern kann.
Denn solche Erinnerungen, solche stärkenden Augenblicke geben uns Wurzeln, Erdung und Lebensgrundlage.
Ihre Stefanie Deichmann
(Seelsorgerin am Einbecker Bürgerspital)