Vogelbeck

Foto: Jan von Lingen

Foto: Yvonne Guschke-Weinert

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Orgel

Foto: Jan von Lingen

Kindergottesdienst

Kindergottesdienst

Pastor-kreuzt

Foto: Jan von Lingen

Wort zum Sonntag, HNA am 01.09.2018

30. August 2018

Richtet nicht!

 

Ich habe vor kurzem eine schöne Geschichte gelesen. Eine ältere Frau kauft sich im Schnellrestaurant eine Suppe. Sie trägt den Teller an einen der Stehtische und hängt ihre Handtasche darunter. Dann geht sie noch einmal zur Theke, um einen Löffel zu holen. Den hatte sie vergessen. Als sie zurückkehrt, sieht sie am Tisch einen dunkelhaarigen Mann, der ihre Suppe löffelt. „Typisch Ausländer, was fällt dem ein?!“, denkt die Frau empört. Sie drängt sich neben ihn, sieht ihn wütend an und taucht ihren Löffel ebenfalls in die Suppe. Sie sprechen kein Wort, aber nach dem Essen holt der Mann für sie beide Kaffee und verabschiedet sich höflich. Erstaunt bedankt sich die Frau mit einem Lächeln. Als sie ebenfalls gehen will, hängt ihre Handtasche nicht mehr unter dem Tisch. Also doch ein hinterhältiger Betrüger! Mit rotem Gesicht schaut sie sich um. Er ist verschwunden. Aber am Nachbartisch sieht sie ihre Handtasche. Und einen Teller Suppe, inzwischen kalt geworden.

Schmunzeln Sie auch über diese Geschichte? Doch es steckt in ihr eine ganz tiefe Wahrheit. Wir sind ganz schnell dabei und denken Schlechtes über andere, ohne sie genau zu kennen. Oder wir sehen ganz genau, was der Andere falsch macht und urteilen über ihn. Für unser eigenes Versagen sind wir oft erstaunlich blind. Aber selbst, wenn ich Recht hätte mit meinem Urteil, schwinge ich mich zu einer Position auf, die mir gar nicht zusteht. Jesus hat einmal gesagt: „Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet!“ (Lk 6,37). Gott allein fällt das Urteil über die Menschen, auch über mich. Und er tut es in aller Barmherzigkeit. Er ist nämlich bereit, mir zu vergeben. Er beschenkt mich großzügig. Er hat Geduld mit mir und verstößt mich nicht.

Habe ich selbst festen Halt für mein Leben auf dem Boden der Großzügigkeit Gottes gefunden, darf ich das auch meinem Nächsten gönnen. Er braucht dieses Fundament genauso wie ich. Wir dürfen nach dem Leitsatz leben: „Wie Gott mir, so ich dir!“

Carsten Schiller, Pastor der Martin-Luther-Kirchengemeinde in Schönhagen