Schwerter zu Pflugscharen
Willy Peter Reese ist ein junger, nachdenklicher Mann. Er liest leidenschaftlich gern, möchte später Schriftsteller werden. Als er zwanzig Jahre alt ist, wird er 1941 zur Wehrmacht eingezogen und zum Einsatz an die Ostfront nach Russland geschickt. In Hitlers Vernichtungskrieg lernt er die Hölle auf Erden kennen. Er sieht die vielen Toten, schreckliche Verwundungen und die Leiden der Bevölkerung. Das Leben des einzelnen: es zählt nichts mehr. Töten oder getötet werden ist das erbarmungslose Gesetz unter dem sein Leben steht. Recht, Moral, Mitleid werden zu Worten aus einer fernen, verlorenen Welt. Um nicht wahnsinnig zu werden, schreibt er in den Kampfpausen Tagebuch. Er schreibt auf, was er beobachtet, auch die Veränderung, die mit ihm selbst vorgeht. Er erkennt, wie er verroht, abstumpft und Dinge tut, die er niemals für möglich gehalten hätte. Eindrücklich zeigen seine Aufzeichnungen, was Krieg bedeutet: Elend, Grauen und unfassbares Leid. Alle Dämme der Zivilisation brechen. Es gibt keine Helden, sondern nur Täter und Opfer. Im Juni 1944 ist Willi Peter Reese in Russland gefallen. Sein Tagebuch erinnert daran, wie wunderbar es ist im Frieden zu leben. Deshalb bleibt auch das Motto der Friedensbewegung – ein Wort des alttestamentlichen Propheten Micha (Mi. 4,3) – bis heute als Mahnung und Auftrag aktuell: „Schwerter zu Pflugscharen!“ (Willy-Peter Reese. Mir selber seltsam fremd. Die Unmenschlichkeit des Krieges. Russland 1942-1944, München 2003).