Vogelbeck

Foto: Jan von Lingen

Foto: Yvonne Guschke-Weinert

Foto: Yvonne Guschke-Weinert

Orgel

Foto: Jan von Lingen

Kindergottesdienst

Kindergottesdienst

Pastor-kreuzt

Foto: Jan von Lingen

Wort zum Sonntag, HNA am 09.11.2019

07. November 2019

Mehr als Kerzen und Gebete

 

Stephanie von Lingen, Superintendentin in Northeim

„Mit allem haben wir gerechnet, nur nicht mit Kerzen und Gebeten. Sie haben uns wehrlos gemacht.“ Mit diesen Worten wird Horst Sindermann zitiert, der ehemalige Vorsitzende des DDR-Ministerrates. Das war 1989, vor 30 Jahren.

Kerzen und Gebete: Sie hatten in den letzten Monaten der ehemaligen DDR tatsächlich Unglaubliches bewirkt. In einigen Kirchen versammelten sich zunächst nur wenige Christen und beteten für den Frieden. Die kleinen Friedensandachten wurden zu Kristallisationspunkten. Bald kamen Hunderte, später Tausende, schließlich schlossen sich die Massen an. Im Schutz der evangelischen Kirchen wurden Proteste geplant und Parteien gegründet. Das führte zu jenem legendären 9. November, heute vor 30 Jahren: Grenzen wurden geöffnet. Menschen strömten durch den eisernen Vorhang. Nichts hielt sie mehr auf. Die Welt veränderte sich. Auch bei uns. Mit offenen Armen wurden die Bürger der DDR begrüßt, als sie mit Zügen und Trabis in den Tagen des Mauerfalls in Städten wie Northeim, Einbeck und Uslar ankamen.

Vieles hat sich seitdem zum Guten gewandelt, aber nicht alles. Ländliche Räume im Osten Deutschlands verlieren ihre Einwohner. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft wird brüchiger. Die Sprache im Netz radikalisiert sich. Menschen, die klar Stellung beziehen gegen Rechtsextremismus, werden bedroht. Im vereinten Deutschland brauchen wir neuen Mut und Entschlossenheit, die Fragen der Zukunft anzupacken.

„Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen“, sagt Jesus in der Bergpredigt (Mt 5,9). Vielleicht helfen uns heute die Erfahrungen der Friedensgebete von damals. Gemeinsam lassen sich am besten Visionen entwickeln. Die Mauer von einst ist gefallen. Die Mauern in den Köpfen können es auch.

Stephanie von Lingen
Superintendentin Stephanie von Lingen