„Mach´s wie Gott, werde Mensch“
Verschlossene Türen, geheimnisvolles Rascheln, Tannenduft und dann, wie aus einer anderen Welt – dieses zarte, langersehnte Klingeling des Glöckchens. Und dazu so ein unbeschreibliches Gänsehautgefühl. Kaum auszuhalten war das früher, bis es endlich soweit war. Bis sich die Tür öffnete zum Weihnachtszimmer meiner Kindheit und den heißersehnten Blick freigab: auf den geschmückten Baum, die flackernden Kerzen in der Dunkelheit und die liebevoll verpackten Geschenke überall. Schon von klein auf habe ich gespürt: das ist Weihnachten! Jetzt in diesem einen Moment ist das Leben "anders" als sonst - fröhlich und feierlich zugleich, intensiver und ja, irgendwie heller!
Ein bisschen von diesem Weihnachtszauber ist immer noch da. Natürlich weiß ich inzwischen, wie brüchig dieses Gänsehautgefühl unter dem geschmückten Baum ist. Nur zu deutlich treten die Risse hervor, die Lücken, die das zurückliegende Jahr hinterlässt. Unsere Sorgen um Gerechtigkeit in der Welt, um Frieden und die Bewahrung unserer Schöpfung sind nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Sie fordern uns mehr denn je heraus. Gerade am Heiligen Abend spüre ich das, auch in der Familie.
Und doch ist und bleibt die Heilige Nacht ein großes Versprechen: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr, in der Stadt Davids.“ Gott wird Mensch. Einer von uns. Unsere Welt wird nie mehr ohne ihn sein. Ist es nicht diese bedingungslose Liebe, nach der wir uns sehnen, wenn wir am Heiligen Abend die alte Geschichte hören und die liebgewonnenen Lieder singen? Gott wird Mensch für uns, damit wir Mensch werden für andere. Weihnachten will uns stark machen zu lieben und füreinander da zu sein. Damit unsere Furcht vor dem Leben kleiner wird. Es liegt an uns, ob unsere Erde ein lebenswerter Ort bleibt. Lasst es uns wagen und lieben wie Gott uns liebt, auf dass Friede werde für alle Welt.
Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!
Ihre Stephanie von Lingen