Zeit zum Fasten
In der kommenden Woche ist es wieder so weit. Mittwoch ist Aschermittwoch und es beginnt die Fastenzeit. Diese Fastenzeit vor Ostern ist vielen von uns noch bekannt. Sieben Wochen lang wird gefastet bzw. wurde früher gefastet. Früher gab es noch mehr solche Zeiten und Tage. So war z.B. die Adventszeit auch eine Fastenzeit. Eine bestimmte Zeit auf etwas verzichten. Das tut gut. Es hilft die Wertigkeit der Dinge, wieder neu zu sortieren. Was ist für mich wirklich wichtig? Was ist besonders schön und mehr Geschenk als Selbstverständlichkeit? Was beschwert mich und sollte ich möglichst vermeiden?
Ich erinnere mich gerne an meine sechswöchige Pilgerwanderung vor einigen Jahren. Nach kurzer Zeit war der morgendliche Aufbruch für mich einer der schönsten Momente des Tages. Es war ein gutes Gefühl, morgens den Rucksack zu packen und loszugehen. Ich trat durch die Tür und wusste, dass ich alles was ich brauchte bei mir hatte. Es war nicht viel aber ausreichend. Nun war ich offen, was der Tag so bringen würde. Es war ein Gefühl der Freiheit. Ich habe sechs Wochen auf vieles verzichtet und nicht einmal den Eindruck gehabt, etwas zu vermissen.
Nun ist so eine Pilgereise etwas Besonderes und man macht es nicht das ganze Leben lang. Doch man lernt sehr viel dabei. So habe ich entdeckt, dass Verzicht nicht immer Einschränkung ist sondern oft auch Befreiung. Die Dinge die wirklich wichtig sind, sind meist immateriell. Das, was das Leben schön macht, sind Begegnungen und Erfahrungen, die man im Herzen trägt und nicht in der Wohnung hortet. Wir brauchen natürlich materielle Dinge zum Leben, aber bei weitem nicht so viel wie wir oft meinen. Und wenn ich mal wirklich etwas vermisst habe, dann wusste ich es hinterher umso zu schätzen.
Es muss nicht in der Passionszeit sein, doch Fasten ist eine gute Übung. Mal bewusst auf etwas verzichten, um den gewohnten Trott zu unterbrechen und die Wertigkeiten neu zu sortieren. Vielleicht lernen wir dabei auch ein wenig von dem, was Jesus meinte als er sagte: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ Mt 6,26. Seit meiner Pilgerreise lese ich diesen Vers jedenfalls ein bisschen anders als vorher.
Pastor Lothar Leinbaum