Fangesänge
Singen gehört für mich zu den emotionalsten Dingen im Leben. Es kann schon richtig unter die Haut gehen, wenn viele Menschen gemeinsam ein Lied anstimmen. Oder eine Hymne. So wie an vielen Wochenenden im Jahr in den großen Bundesligastadien. Wenn tausende Fußballfans zusammen singen, schmettern oder grölen um ihre Mannschaft anzufeuern.
In diesen Wochen können wir in den Stadien keine Fangesänge hören. Die Bundesligaspiele pausieren mindestens bis Ende April. Wie aktuell so vieles in unserem Leben: Gottesdienste, große Feiern oder Treffen mit Freunden. Belebte Plätze sind ungewohnt stumm.
Die Evangeliumslesung für den Palmsonntag berichtet von Fangesängen ganz besonderer Art: Jesus zieht unter lauten Jubelrufen in Jerusalem ein. Er wird wie ein Star empfangen. Viele Menschen haben auf ihn ihre ganze Hoffnung gesetzt. Doch ihre „Hosianna“-Rufen werden bald verstummen. Jesus wird verurteilt und am Kreuz hingerichtet. Die Stimmung in der Stadt verändert sich radikal.
Auch wir erleben in diesen Wochen, wie sich unser Leben plötzlich ganz anders darstellt und sich unsere Städte und Dörfer verändern. Wir haben Sehnsucht nach Normalität, nach dem ganzen vollen Leben. Werden wir gut durch die Krise kommen?
Der Weg von Palmsonntag bis Karfreitag, vom Fangesang zum Verstummen. Noch ist nicht Ostern und noch ist die Corona-Pandemie nicht überstanden. Aber es tut gut sich daran zu erinnern, dass mit Ostern ein neuer, großartiger Gesang in die Welt gekommen ist: Der österliche Jubel, der den Sieg des Lebens besingt und uns Hoffnung schenkt. Ein Fangesang für alle, die neue Kraft schöpfen wollen. Und der Ausblick, dass Palmsonntag eben nicht zum letzten Mal gesungen wird.
Bleiben Sie behütet!
Ihr Vikar Andreas Bartholl
Ev.-luth. Kirchengemeinde Einbeck