Leiter zum Himmel
Als mein Neffe 6 Jahre alt war, blickte er einmal in den wolkenverhangenen Himmel. Dann kniff er die Augen zusammen und sagte: „Ich glaube, jetzt kann ich Gott etwas sehen!“ Ein solcher Satz ist typisch für ein weit verbreitetes Missverständnis. Der Himmel Gottes ist etwas anderes als der Himmel über den Wolken.
Himmelfahrt Jesu, das ist kein Verweis auf einen Himmel weit droben über dem Sternenzelt. „Himmel“ verweist auf die Nähe zu Gott. Durch seine Himmelfahrt kann Jesus, wie Gott, überall sein. Er ist nicht mehr an Raum und Zeit gebunden. Jesus ist ganz bei Gott und ganz bei uns. Er verbindet den Himmel und die Erde. Wäre das nicht ein schönes Bild für den Glauben: dass der Himmel offensteht und dass wir so wie auf einer Leiter in die Nähe Gottes gelangen könnten?
Jakob, der Sohn Isaaks, musste vor seinem Bruder Esau fliehen. Er hatte Esau um sein Erstgeburtsrecht betrogen. Und als Jakob zu der Grenze des Landes kam, fragte er sich: Ist Gott an den Raum dieses Landes gebunden? Wird Gott mich auch im fremden Land begleiten und beschützen? Wird Gott zu mir stehen, auch nachdem ich meinen Bruder betrogen habe?
Zur Antwort schickte Gott ihm eine Vision. Jakob sah im Traum den Himmel offenstehen. Gott war ganz oben. Unerreichbar hoch. Doch dann sah er eine Leiter, die bis an den Himmel reichte. Er selbst durfte nicht die Leiter erklimmen. Aber er sah Boten Gottes, Engel, die die Leiter hinab- und hinaufstiegen. So als würden Gottes Gedanken zu ihm und seine Gedanken zu Gott wandern. Nun war er gewiss: Gott ist bei ihm, wo immer er auch hingeht.
Zu Himmelfahrt sehen wir den Himmel offenstehen. Und wir erkennen in Jesus unsere Verbindung zum Himmel. Er ist unser Weg zu Gott.
Ich wünsche Ihnen die Gewissheit des Jakob und einen Blick, der sich nach oben richtet.
Ihr Martin Giering, Pastor in Einbeck.