Kinderrechte schaffen Zukunft – zum Weltkindertag am 20.9.2020
Maryam spricht leise. Seitdem das Flüchtlingscamp Moria abgebrannt ist, wohnt die Neunjährige auf einem Parkplatz. Schüchtern zeigt sie auf die drei Eier, die sich die fünfköpfige Familie zum Abendessen teilt. Mehrere Stunden ist sie mit ihrer Mutter dafür gewandert. Ob ihr Leben irgendwann normal wird? Am meisten hofft Maryam, dass sie endlich wieder zur Schule gehen kann.
Lara fröstelt. Ihre Jacke ist nicht warm genug. Außerdem ahnt sie schon nach der ersten Woche im 6. Schuljahr, wie schwer es für sie werden wird. Im Homeschooling vor den Sommerferien hat sie viel verpasst. Um das einzige Laptop musste Lara jeden Tag mit ihren drei Geschwistern verhandeln. Arbeitsblätter konnte sie nicht ausdrucken. Zuhause fehlt das Geld für einen Drucker.
Maryam und Lara leben in völlig verschiedenen Welten. Und doch wohnen beide in Europa. Sie fallen mir als erste ein, wenn wir an diesem Wochenende den Weltkindertag feiern. „Kinderrechte schaffen Zukunft“ ist das Motto. Für mich gehören dazu ein selbstverständliches Recht auf ein warmes Mittagessen, ein Dach über dem Kopf und das Recht auf Bildung und Teilhabe. Sinngemäß hat Jesus mal gesagt: Was ihr für die Kleinsten und Geringsten unter uns tut, das tut ihr für mich. (Mt 25, 40b)
Allein in Deutschland ist laut einer aktuellen Studie der Bertelsmannstiftung mittlerweile jedes fünfte Kind von Kinderarmut bedroht und hat Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Diakonie, Kinderschutzbund und andere leisten hier schon viel Unterstützung. Aber dennoch fallen in Europa Kinder „durchs Raster“. Das darf nicht so bleiben. Die Zukunft unserer Kinder geht mich auch persönlich etwas an.
Stephanie von Lingen, Superintendentin im Kirchenkreis Leine-Solling