Frieden und Harmonie
Frieden ist, bei allem Faszinierenden, das dem Wort beiwohnt, etwas ganz Nüchternes. Anderes als Harmonie. Das Wort „Friedensverhandlungen“ lässt erkennen: Frieden will gesucht werden, wird, wenn überhaupt, im Kompromiss erreicht. Erst wenn das gelingt, kann sich das einstellen, was „Harmonie“ genannt wird: Das glückliche Übereinstimmen, das wortlose Verstehen und bis-in-den-siebten-Himmel-schweben. Im Grunde ist Harmonie eine Angelegenheit des Paradieses. Der größte Teil davon ist Adam und Eva mit der Vertreibung aus dem Paradies abhanden gekommen. Es sind doch nur wenige Zeiten, mitunter nur Momente, in denen sich wirkliche Harmonie einstellt – Gipfelerlebnisse, eben Hochzeiten des Lebens. Mir kommt es allerdings so vor, Gott hat bei der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies den Verliebten ihre Harmonie bewusst gelassen.
Jesus schildert den Weg zum Frieden als harte Arbeit: Von einem römischen Besatzungssoldaten gezwungen, sein Gepäck eine Meilen weit zu schleppen, gehe man zwei Meilen mit ihm. Dann kann es zu einem Gespräch mit dem erstaunten Soldaten kommen. Und wer auf die rechte Backe geschlagen wird, reagiere weder mit Gegen-gewalt noch warte nur ab, was noch passiert, sondern halte zur Verwunderung des Schlägers auch noch die linke Backe hin. Eine Garantie für Frieden stellt Jesus nicht in Aussicht. Wenn daraus tatsächlich etwas mehr Frieden wird, ist das schon sehr viel. „Selig sind, die Frieden stiften“ ist die Zusage Jesu. Sie sind mit sich im Reinen, trotz manches Unfriedens um sie herum. Ob daraus sogar Harmonie mit sich selbst und den Anderen werden kann?
Burkhard Stimpel, Pastor an der Johannis-Kirche in Uslar