Regen und Ribbelwolle
Meine Mutter war eine leidenschaftliche Strickerin und hat vor allem uns Kinder mit warmen Winterpullovern in individuellen Mustern versorgt. Da das Geld knapp war, wurde auch öfter mal ein zu klein gewordener Pullover meiner größeren Brüder aufgeribbelt, um daraus wieder etwas Neues für mich zu Stricken. Die Ribbelwolle musste dann von uns über eine hölzerne Stuhllehne gewickelt und angefeuchtet werden, um den etwas krumpeligen Faden wieder glatt zu bekommen. Nachdem Trocknen haben wir die Wollstränge wieder aufgewickelt, das war etwas mühsam, aber dann machte sich meine Mutter daran, ein neues Prachtstück zu stricken. Sie war Meisterin darin, mit kleinen Streifen aus anderen Resten, mit runden oder Rollkragen, ein paar neuen Knöpfen etwas Neues zu gestalten. Abende lang hat sie ganz nebenbei etwas Neues gestrickt. Und ich war die Zeugin, wie es langsam fertig wurde. Ich habe alle diese Pullover geliebt und schon als Kind immer gewusst, das sind alles kleine Kunstwerke und Einzelanfertigungen. Verschiedene Farben, neu gemixt, andere Muster, hier ein Knopf, da ein Kragen…das ist es, so entstehen individuelle Lieblingsstücke. Wunderbarerweise immer aus dem gleichen Material, aber doch auch immer neu und wunderschön.
Aus dem, was da ist, das Beste zu machen, statt über den Mangel zu jammern, das macht gute Laune.
Karl Valentin hat es in diesem Satz so wunderbar auf den Punkt gebracht „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch!“ Nehmen Sie dieses kleine Lächeln mit in den Tag und bleiben Sie behütet.