Wunderschön gemacht
Unser kleiner Sohn hat ein neues Lieblingswort: „Wunderschön“. Beim Sprechen kostet er genüsslich jeden Vokal aus. Obwohl er es viele Male am Tag sagt, klingt das Wort jedes Mal wieder mit Begeisterung. Durch ihn lerne ich gerade wieder, was dieses Wort bedeutet.
Als wir vor ein paar Tagen einen Spaziergang unternahmen, blieb er vor einem Schaufenster stehen. Die Nase an der Scheibe plattgedrückt, beide Arme auf dem Fensterglas halb ausgestreckt erklang wieder sein „wunderschön“. Wir Eltern blickten uns etwas fragend an, denn unser Sohn schaute in der Auslage auf drei pastellfarbene Blusen. Was faszinierte ihn bloß an diesen für ihn viel zu großen Textilien, die er höchstens als Nachthemd hätte anziehen können? Ich war ratlos wie oft, wenn er Dinge „wunderschön“ fand: Kuscheltiere, mit übergroßen Augen oder welke Blumen. Aber sein Blick verrät mir in diesen Situationen, dass da mehr ist, als ich sehe. Dass auch Hellpastellgrün „wunderschön“ sein kann. Und es rührt mich an, dass für ihn selbst welke Blumen und Kuscheltiere mit verschobenen Proportionen so schön sein können.
Ich glaube: Gott sieht uns auch voller Begeisterung an, schaut weiter und genauer hin. Und erkennt das Wunderbare an uns. Dieser Blick auf uns und die Dinge weitet meine Perspektive: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele“ sagt der Beter im Psalm 139,14. Das ist doch mal ein Satz um gut in den neuen Tag zu starten und der uns vielleicht ein Lächeln ins Gesicht zaubert, wenn wir morgens vor dem Spiegel stehen, noch vor dem Duschen. Weil da noch so viel mehr in uns steckt, was der Spiegel nicht sehen kann, aber dank Gott „wunderbar gemacht“ ist. So eine lebensfrohe Haltung ist ansteckend, probieren Sie es doch mal aus!
Ihr Andreas Bartholl, Vikar
Ev.-luth. Kirchengemeinde Einbeck
