Halt beim Abstieg
Erfahrene Bergwanderer wissen: Der Abstieg ist meist anstrengender als der Weg bergauf. Da ist es gut, auf steilen Abschnitten auf Halteseile zugreifen und die Füße auf Tritteisen stellen zu können.
Im Kalenderjahr stehen wir auch wieder an einem Abstieg. Der Zenit ist überschritten. Allmählich – wenn zunächst noch unmerklich – werden die Tage wieder kürzer. Für manch einen Grund zu wehmütigem Rückblick. Und zur Frage nach dem, was künftig Halt verleiht.
Im Kirchenjahr begegnet uns an dieser Stelle die Gestalt Johannes des Täufers, dessen Geburtstag am 24. Juni gefeiert wird. Als Vorläufer des Messias verweist er zum einen auf Jesus als die wahre Sonne, die auch in tiefster Nacht – 24. Dezember! – alles Dunkel überstrahlt. „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“, schätzt er seine Bedeutung im Blick auf ihn ein. Zum anderen erinnert seine Botschaft an die Taufe. Die kann so etwas wie ein Halteseil im Leben sein.
Von Martin Luther wird erzählt, dass er in krisenhaften Momenten mit Kreide vor sich auf den Tisch geschrieben habe: „Ich bin getauft.“ Damit versuchte er, allem Zweifel – vor allem dem an sich selbst – zu widerstehen. Taufe nämlich kann eine Vergewisserung schenken, die tiefer geht als das, was aus eigener Kraft zu gewinnen ist. Als eine mir damit zugesprochene Lebenslinie, die am Ende nach oben weist, macht sie den unvermeidbaren Weg auf der Linie nach unten möglich – ohne dass es zum Absturz kommen muss. Mit ihr bleiben wir Gehaltene.
In diesem Sinne „Berg Heil" auf allen Touren in diesem Sommer wünscht Ihnen
Horst Metje
Pastor in der Kirchengemeinde Hevensen-Lutterhausen