Bist du da?
Ich bin gerne in den sozialen Medien unterwegs, denn da gibt es so ziemlich alles – für jeden von uns. Es gibt Seiten über das Handwerken, Mode, Nachhaltigkeit, Comedy, Musik und natürlich Werbung für Produkte, von denen ich nicht einmal erahnen konnte, dass ich sie brauche.
Und ich bin da, weil ich mich informiere. Über die anstehenden Wahlen, das aktuelle Tagesgeschehen oder Themen, die mich beschäftigen, wie Feminismus und Seenotrettung. Doch in dieser Woche fällt es mir schwer, mich mit meiner gewohnten Leichtigkeit durch die Netzwerke am Smartphone zu tippen. Zwischen den neusten Gartentrends, Urlaubsfotos und witzigen Tiervideos häufen sich erschreckende Bilder aus Afghanistan, Menschen in Angst. Dazu Texte, die Entscheidungsträger in der Politik anklagen. Videos, die zeigen, wie Menschen von startenden Flugzeugen herabfallen.
Wie steinhart müssen Menschenherzen sein, um sich davon nicht berühren zu lassen? Ich halte das nicht aus und lege mein Handy beiseite. Und doch weiß ich: ob wir hinschauen oder nicht – diese Bilder betreffen uns alle.
Ich bin so erschüttert, dass ich nicht einmal Worte für ein Gebet finde. Ich klage, ich schreie Gott an. Lasse meiner Wut und Ohnmacht freien Lauf. Ich bitte: Gott, bist du da? Dort in Afghanistan, wo Menschen in Hoffnungslosigkeit und Todesangst leben und Zuflucht suchen. Und auch hier bei uns, Gott, damit wir erkennen, dass wir aktiv werden können, wenn wir Petitionen unterschreiben, spenden und uns solidarisch zeigen.
Von Julia Grote, Diakonin im Kirchenkreisjugenddienst Leine- Solling