Verabschiedung am Sonntag um 14 Uhr in St. Sixti Northeim
Northeim. Nach zehn Jahren an St. Sixti wird Dr. Stefan Leonhardt ab Oktober als Pastor in den deutschen evangelischen Gemeinden in Amsterdam und Rotterdam tätig sein und Deutsche betreuen, die aus unterschiedlichen Gründen in den Niederlanden leben. Die Auslandsgemeinden sind für sie ein Stück Heimathafen. Sonntags gibt es "Koffie en gebakjes", alles ist familiärer und die Gemeinschaft stark ausgeprägt. Nach einem mehrwöchigen Sprachkurs in Niederländisch ist Stefan Leonhardt gerade nach Northeim zurückgekehrt – da wird er auch schon verabschiedet. Und zwar am kommenden Sonntag, 1. September, um 14 Uhr in St. Sixti. Doch bevor er „Tot ziens! – Auf Wiedersehen“ sagt, steht er noch Rede und Antwort im Interview. Drei Fragen an Stefan Leonhardt:
Welche Aufgaben übernehmen Sie in Amsterdam und Rotterdam?
Stefan Leonhardt: „Zu meinen Aufgaben gehören wie in Deutschland Gottesdienste, Amtshandlungen, ich werde Konfirmandenunterricht gestalten, Gruppen betreuen. Die Seelsorge spielt in den Auslandsgemeinden eine große Rolle. Aus diesem Grund werde ich viel im Land unterwegs sein, um Gemeindeglieder zu besuchen. Aufgrund der Entfernungen findet vieles auch digital statt. Ein großes Feld wird das Thema Fundraising sein. Weil sich die Gemeinden selbst finanzieren müssen, sind sie darauf angewiesen, an Geldmittel zu gelangen. Daneben werde ich mit der Deutschen Seemannsmission zusammenarbeiten, die in Amsterdam und Rotterdam ansässig ist und Seeleute betreut, die Unterstützung benötigen. Ferner gehört zu meinen Aufgaben die Organisation der deutschen Urlauberseelsorge in den Niederlanden. Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit der EKD. Und schließlich werde ich in engem Kontakt stehen mit der Deutschen Botschaft. Als Auslandspastor ist man gewissermaßen die kirchliche Vertretung der EKD im Ausland. In bestimmten Situationen kann eine Zusammenarbeit des kirchlichen Vertreters mit der Deutschen Botschaft sinnvoll und wichtig sein. Etwa in Krisensituationen oder wenn bei einer besonderen Gelegenheit das Wort eines deutschen kirchlichen Vertreters gefragt ist.“
Was werden Sie an Deutschland und speziell an Northeim vermissen?
Stefan Leonhardt: „Bei meinem Sprachkurs habe ich gemerkt, dass Kultur und Mentalität in den Niederlanden nicht so grundverschieden sind im Vergleich zu Deutschland. Ich habe jetzt schon so viele nette, aufgeschlossene und herzliche Niederländer kennen gelernt, dass ich mich sehr freue auf das Leben dort. Besonders gefällt mir die Höflichkeit, mit der sich die Menschen begegnen. Was ich vermissen werde, kann ich jetzt noch nicht wirklich sagen. Auf jeden Fall die schöne südniedersächsische Landschaft. Zurzeit bin ich in 5 Minuten Fußweg im Wald. Das ist Luxus pur. Das wird in der Großstadt Rotterdam anders sein. Aber die See ist nicht weit. In 20 Minuten ist man mit der Tram am Strand. Und es gibt im Rheindelta herrliche Landschaften zu entdecken. Natürlich mit dem Fiets, dem Fahrrad. Ich werde sicher die schöne große St. Sixti-Kirche mit all ihren Möglichkeiten und der wunderbaren Kirchenmusik vermissen. Vor allem werde ich viele Menschen vermissen, die mir im Laufe meiner zehn Jahre hier in Northeim ans Herz gewachsen sind.“
Und was möchten Sie „Ihrer“ St. Sixti-Gemeinde mit auf den Weg geben?
Stefan Leonhardt: „Die Sixti-Gemeinde ist gerade in einer Umbruchsituation. Ich möchte meiner Gemeinde Mut machen, sich auf die Veränderungen einzulassen. Mit meinem Nachfolger Christian-Peter Völckers hat sie einen fähigen und engagierten Pastor bekommen. Ich bin sicher, dass er viel frischen Wind in die Gemeinde bringt und ganz neue Akzente setzt, die noch einmal etwas in Bewegung setzen. Und ich bin sicher, dass viele in der Gemeinde das zu schätzen wissen. Ich wünsche allen Offenheit für das Neue. Ich wünsche St. Sixti auch, dass das Zusammenwachsen der Gemeinden in der Stadt weiter vorangeht. Mit der Corvinusgemeinde gibt es seit dem Frühjahr 2023 eine pfarramtliche Verbindung. Ich bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Ich hoffe auch, dass die gute Zusammenarbeit mit dem Tagestreff Oase weitergeht. Da hat sich in den letzten zehn Jahren viel entwickelt. Seit ich in Northeim bin, hat die Zahl der Menschen, die in der Oase Unterstützung suchen, rapide zugenommen. Armut und Einsamkeit sind Themen, die in unserer Gesellschaft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Kirche muss dafür sensibel sein und sich engagieren.“
Zu den deutschen Auslandsgemeinden Amsterdam und Rotterdam
Die deutschen Gemeinden Amsterdam und Rotterdam haben jeweils ca. 200 Mitglieder. In den Niederlanden gibt es noch eine weitere deutschsprachige Gemeinde in Den Haag. Alle drei Gemeinden arbeiten eng zusammen. Sie sind auf Vereinsbasis organisiert und finanzieren sich ausschließlich durch Spenden und Fundraising-Projekte. Die Mitglieder leben keineswegs nur in den beiden Großstädten, sondern sind über die gesamten Niederlande verteilt. Die Auslandsgemeinden wollen aber keineswegs nur Ort deutscher Kulturpflege sein, sondern sind eng vernetzt mit niederländischen Gemeinden und Einrichtungen. Es geht darum, Teil des kirchlichen Lebens vor Ort zu sein. Gemeinsam mit den Partnern werden Gottesdienste gefeiert, Veranstaltungen organisiert, Projekte durchgeführt. „Das ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil nicht wenige Gemeindeglieder mit Niederländern verheiratet und verpartnert sind und die jeweiligen Partner auch in der Auslandsgemeinde aktiv mitwirken. Sie ist also nicht nur Heimathafen, sondern hat zugleich eine Brückenfunktion“, betont Stefan Leonhardt. Man nimmt Anteil aneinander. Vom Pastor wird erwartet, offen dafür zu sein und für die Menschen da und ansprechbar zu sein. „Gerade das reizt mich an der Arbeit. Es ist alles weniger anonym als in deutschen Gemeinden“, sagt der Pastor. Eine Frau aus Rotterdam sagte bei seinem Bewerbungsgottesdienst: "Wir sind ein Dorf in der Großstadt."
Pastor Dr. Stefan Leonhardt, Foto: Privat