Das Ziel: Projektgelder und Veränderungen der Aus- und Fortbildung
Kirchenkreis/Hannover. Popularmusik in der Kirche gibt es seit mehr als 60 Jahren. Doch oft wird sie immer noch als Jugendkultur marginalisiert. Mit neuen Ausbildungsformen, Netzwerkarbeit und Stellen für Popkantorinnen und -kantoren kommt nun Bewegung in die Szene. Deutlich wurde dies beim Treffen der popularmusikalischen Szene der hannoverschen Landeskirche, bei dem auch fünf Teilnehmende aus dem Kirchenkreis Leine-Solling dabei waren.
Einer der prominenten Gäste am vergangenen Wochenende war der Gitarrist, Produzent und Hochschullehrer Peter Weihe. Er gewährte dem Publikum in Burgdorf intime Einblicke in die deutsche und internationale Pop- und Rockgeschichte, die er selbst mitgeschrieben hat. Er spielte die Gitarre bei „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer. Er arbeitete mit so unterschiedlichen Größen wie Meat Loaf, Udo Lindenberg, Lena, Sarah Connor und José Carreras zusammen.
Und wie fing alles an?, wurde er von Moderator Jan von Lingen gefragt. Antwort: „Ich durfte mit meiner ersten Band in einem Gemeinderaum proben, der Pastor hat uns den Schlüssel gegeben“, erzählte der heute 68-Jährige. Man habe sich dort „ohne Zensur“ entwickeln können, „es war wie ein Zuhause“. Unzählige Karrieren haben so begonnen – und doch ist die Popmusik in der Kirche immer noch ein zartes Pflänzchen, das sich oft zu wenig gegossen fühlt.
Das dreitägige Treffen in Burgdorf stand unter dem Motto „Pop – Kompetenz – Kirche“ und löste diesen Dreiklang auch ein. Zum Auftakt diskutierte Hannovers Regionalbischöfin Petra Bahr mit Peter Weihe und Sina Hensel, Leiterin der Servicestelle „Musikland Niedersachsen“. Sina Hensel war Konfi-Teamerin und Mitbegründerin einer Konfi-Band. „Wir durften machen, was wir wollten, das war eine super-wertvolle Erfahrung.“
Dem Popkonvent-Team um Andreas Hülsemann geht es allerdings um mehr: Ziel ist es, das Machen-was-wir-wollen zu professionalisieren – mit Projektgeldern, Veränderungen in der Aus- und Fortbildung und dem flächendeckenden Einsatz von Popkantorinnen und -kantoren. Die hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr hat der Leiter des Netzwerks Popularmusik (net.p) dabei an seiner Seite: „Schon in meiner Zeit als Kulturbeauftragte der EKD habe ich dafür geworben, Popmusik als selbstverständlichen Teil der Kirchenmusik zu betrachten. Damals hätte ich gedacht, in zehn Jahren ist das selbstverständlich, aber leider ist es nicht so.“
Ralph Charbonnier, Theologischer Vizepräsident des Landeskirchenamts Hannover, setzt auf das neue Kirchenmusikgesetz, das derzeit in Arbeit ist: „Wir müssen zu einer geistlichen Gleichwertigkeit der Musikstile kommen. Dies sollte sich in der Ausbildung, bei Stellenplänen und Sachmitteln zeigen.“ In jedem Kirchenkreis sollte es Kirchenmusikerinnen und -musiker für Popularmusik geben, findet Charbonnier. „Gut wären weitere Kümmerer für die Popularmusik zur Gewinnung von Musikerinnen und Musikern aus der weltlichen Szene.“
Bislang gibt es in der Landeskirche ein gutes Dutzend Popkantorinnen und –kantoren wie Matthias Vespermann aus Northeim, der in einem Workshop neue Liturgien vorstellte. Der Bedarf ist höher, manche Stelle konnte noch nicht besetzt werden, weil Bewerberinnen und Bewerber fehlen. Doch mit den Studierenden der Evangelischen Pop-Akademie in Witten und der C-Pop-Ausbildung für Nebenamtliche in der hannoverschen Landeskirche, bei der die Teilnehmenden unter anderem Band- und Chorleitung lernen, ist hier gerade viel in Bewegung.
Beim Popkonvent in Burgdorf konnten sich Interessierte über all diese Themen informieren. Wie funktioniert das Zusammenspiel in einer Band? Wie schreibe ich poetische Texte? Welche Einsingübungen eignen sich für Chöre? Und warum ist es eine vertane Chance, wenn zwei Gitarristen in einer Band das Gleiche spielen? Gut angenommen wurde auch die Möglichkeit, sich in Sachen Licht- und Tontechnik auszutauschen.
Selbstredend wurde während des dreitägigen Popkonvents, der zum ersten Mal stattfand, viel musiziert. Auf einer Open-Air-Bühne auf dem Spittaplatz vor der Burgdorfer St.-Pankratius-Kirche gaben sich am Freitagabend Liedermacherinnen und -macher das Mikro in die Hand. Am Samstagabend heizte zunächst die Popkantorband dem Publikum ein, bevor die Worshipband „Water+Wine“ aus Bremervörde einen begeisternden Auftritt hinlegte.
Aus dem Kirchenkreis Leine-Solling haben auch die Pastoren Jan Höffker und Martin Kratochwill den Popkonvent besucht. Weiterer Teilnehmer war Frank Pape aus der Kirchengemeinde Dassel-Solling, der zurzeit eine C-Kirchenmusikerausbildung mit Schwerpunkt Pop absolviert.