Vogelbeck

Foto: Jan von Lingen

Foto: Yvonne Guschke-Weinert

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Orgel

Foto: Jan von Lingen

Kindergottesdienst

Kindergottesdienst

„Die Welt ist mir ein Lachen…?“

„Die Welt ist mir ein Lachen…?“

Hinführung

Es ist alles anders. Das Wort „anders“ sagen und schreiben wir in diesen Wochen oft. Tatsächlich ist alles „anders“, seit wir vor drei Wochen die Kirchen und die Gemeindehäuser geschlossen haben.

Besonders spürbar ist das in den Ostertagen. Die Küsterin wird am Ostermorgen nicht die Kirche öffnen und den Altar schmücken. Niemand setzt sich in die Kirchenbank. Die neue Osterkerze wird nicht entzündet. Der Chor probt nicht vor dem Gottesdienst im Gemeindehaus. Die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher lesen nicht das Osterevangelium. Die Pastorinnen und Pastoren verabschieden nicht an der Tür nach dem Gottesdienst.

Viele Möglichkeiten der Nähe und Zuwendung sind uns genommen. Dafür werden uns manche Lasten aufgelegt. Wir empfangen bedrückende Nachrichten. Steigende Infektionszahlen führen zu Angst um Angehörige. Was ist, wenn mein Lebenspartner krank wird - oder ich selbst?

Mitten in dieser „Anders-Zeit“ feiern wir nun Ostern. Wie schön, dass Sie diese Zeilen lesen!
Trotz allem möchte ich Ihnen natürlich den traditionellen Ostergruß schreiben: „Der Herr ist auferstanden.“ Wenn Sie mögen, antworten Sie zu Hause mit „Er ist wahrhaftig auferstanden.“

Die Lyrikerin Tina Willms hat mir einige Gedichte, Gebete und Segensworte geschickt. An verschiedenen Orten in dieser Andacht werden Sie Texte von ihr lesen. Es sind Texte wie diese:


Wendung

Heute traf ich einen,
der meine Tränen sah.

Es waren die ungeweinten,
heruntergeschluckten,
die sich einbrennen,
die unter der Haut
zum Herzen dringen
und es bitter machen
bis auf den Grund.

Sie zwingen dich,
ständig zurückzuschauen,
und lassen dich verhärten
wie eine Säule aus Salz.

Heute traf ich einen:
er sah sie und fragte:
Mensch, warum weinst du?
Und seine Frage löste den Bann.

Meine Haut wurde weich,
durchlässig gar,
und der Schmerz war,
wahrgenommen,
endlich bereit,
sich zu lösen.


Das Osterevangelium

Es ist nicht leicht, die Botschaft von der Auferstehung zu glauben und in den Mund zu nehmen. Das sehen wir an den Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen. Sie wollen einen geliebten Toten aufsuchen und hören stattdessen von einem, der lebt. Kein Wunder, dass ihnen das erst einmal die Sprache verschlägt!

Lesung aus dem Markusevangelium, Kap. 16,1-8

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.
 
Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.  Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich sehr.

Zuspruch am Ostermorgen

Einer ist da, der wälzt dir
den Stein vom Herzen,
einer fragt:
Warum weinst du denn?

Einer ist da,
der spricht von Hoffnung
und verjagt die Todessschatten
mit seinem Licht.

Einer ist da,
der wendet den Weg
aus der Trauer ins Leben
und führt dich zurück
nach Haus.


Lied: „Auf, auf mein Herz“ / Evangelisches Gesangbuch 112


Andacht über Paul Gerhardts Osterlied „Auf, auf mein Herz mit Freude“

Coronakrise statt Kirchgang, Infektionszahlen statt Osterfreude: Im Jahre des Herren 2020 könnte einem das Osterlachen im Halse stecken bleiben. Einerseits.
Andrerseits denke ich: Ostern fällt nicht aus. Ostern findet statt.  Wir feiern Ostern, nur anders. Immer in der Hoffnung: Ostern verändert die Welt zum Guten und schenkt Hoffnung. Oder?

Ich denke an all die Jahre, in denen Menschen Ostern in Krisenzeit erlebt und dennoch gefeiert haben. Nicht nur trotz Krieg und Seuche, sondern gerade deswegen haben sie sich der Ostergeschichte zugewandt. Paul Gerhardt zum Beispiel. Es ist das Jahr 1647. Paul Gerhardt ist 40 Jahre alt. Er hat Theologie in Wittenberg studiert und arbeitet nun als Hauslehrer in Berlin. Erst einige Jahre später wird er zum Pfarrer ordiniert. In diesem Jahr erscheinen seine ersten Texte in einem Evangelischen Gesangbuch. Jetzt schreibt er Zeilen für ein Osterlied. Wie soll er beginnen?

Auf, auf, mein Herz, mit Freuden,
Nimm wahr, was heut' geschieht!
Wie kommt nach großem Leiden
Nun ein so großes Licht!

„Nach großem Leiden...“- sicher hat Paul Gerhardt da an seine eigene Zeit gedacht. Er legt die Schreibfeder zur Seite und erinnert sich: Fast drei Jahrzehnte tobt nun schon der Krieg. Spätere Generationen werden ihn den Dreißigjährigen Krieg nennen (1618-1648). Dörfer und Städte liegen in Schutt und Asche. Den Kriegsheeren folgte erst der Hunger und dann der schwarze Tod: Die Pest. Auch seine Heimatstadt Gräfenhainichen im Fürstentum Kursachsen wurde dem Erdboden gleichgemacht, sein Bruder starb an der Pest. Dennoch taucht er die Feder wieder in die Tinte und schreibt nicht weniger als ein Osterlied:

Mein Heiland war gelegt
Da, wo man uns hinträgt,
Wenn von uns unser Geist
Gen Himmel ist gereist.

„Da wo man uns hinträgt…“ - der Mensch ist eingespannt zwischen Himmel und Erde, das weiß Paul Gerhardt von klein auf. Seine Eltern hat er bereits als Kind verloren. Und er wird später vier seiner fünf Kinder zu Grabe tragen. Trauer kennt Paul Gerhardt gut. Er wird sich oft in seine „Schwermuthöhle“ zurückziehen, wie er schreibt. Aber er weiß auch: Einer durchbricht Leid und Tod - Jesus Christus. Darum ist an Ostern – in guten und in schweren Zeit - von ihm zu erzählen und zu singen:   
Er war ins Grab gesenket,
Der Feind trieb groß Geschrei.
Eh' er's vermeint und denket
Ist Christus wieder frei.
Der auferstandene Christus: Paul Gerhardt kennt die Bilder seiner Zeit, der Barockzeit. Künstler haben die Höllenfahrt Christi oft bildreich dargestellt. Christus entsteigt dem Totenreich. Tod und Teufel liegen zu seinen Füßen. Und tatsächlich wird Christus dargestellt wie ein siegreicher Feldherr mit einer Hand der Fahne, wie auf dem großen Kirchenfenster oben dargestellt:
Und ruft: Viktoria!
Schwingt fröhlich hier und da
Sein Fähnlein als ein Held,
Der Feld und Mut behält.
Was für ein Widerspruch! - Mitten in Kriegszeiten eine fröhliche Sprache. Im Grau der Trauer leuchten Bilder voller Hoffnung auf. Das kann man in dem Osterlied „Auf, auf mein Herz“ nicht nur singen, sondern auch sehen: „Das ist mir anzuschauen ein rechtes Freudenspiel“, schreibt Paul Gerhardt weiter.
Der wichtigste protestantische Lieddichter nach Martin Luther dichtet ein Osterlied, dessen Text Jahrhunderte überdauert. Er singt „Auf, auf mein Herz mit Freuden“ gegen seine eigene Angst. Und wenn wir einstimmen, überwinden wir vielleicht auch die unsere…
Die Lieder und Lesungen der Osterzeit rühren in der Tiefe etwas an. Für die einen ist es eine unbestimmbare Sehnsucht, für die anderen ein fester Zuspruch. In diesem Jahr spüren wir besonders: Während die Kreise um uns kleiner werden, öffnet sich in uns eine österliche Weite.

„Die Nacht ist mein Sonnenblick“, so schließt Paul Gerhardt sein Osterlied in der Zeit von Krieg und Pest. Und er kommt - trotz allem - zu diesem ungewöhnlichen Schluss: „Die Welt ist mir ein Lachen…“

Das ist Ostern. Nur anders.
AMEN

Zwiegespräche

Die Tage sind schwarz,
sagt die Trauer.

Ich sehe ein Licht,
sagt die Hoffnung.

Nie wieder,
sagt der Schmerz.

Versuch es noch einmal,
sagt die Liebe.

Für immer vorbei,
sagt der Tod.

Ich bin wieder da,
sagt das Leben.


Ostersegen

Gut begleitet


Ich wünsche dir einen an deiner Seite,
der dich begleitet und leitet.
Er gehe neben dir an sonnigen Tagen
und stehe hinter dir, wenn es stürmt.
Er nehme deine Hand auf düsteren Strecken
und lasse deinen Fuß nicht gleiten
auf steinigem Weg.
Ich wünsche dir,
dass du behütet bleibst,
wenn du durch dein Leben gehst.
Dass du das Vertrauen in dir trägst:
Einer ist um dich, ist Anfang und Ende
und heißt dich willkommen
bei sich.




Zu guter Letzt

„Friede sei mit euch“
Ein Wort des Bischofsrates der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zum Osterfest 2020

Ostern findet statt. Auch wenn derzeit alles anders ist. Dass Ostern stattfindet, hat Gott selbst entschieden, als er seinen Sohn von den Toten auferweckt hat. Die Nachricht von der Vergänglichkeit des Todes und von der Unvergänglichkeit der Liebe bleibt in der Welt. Und sie verändert die Welt zum Guten. Sie gibt Menschen Trost, Kraft und Hoffnung zum Leben. „Der Herr ist auferstanden!“ wird im Osternachtgottesdienst gerufen. „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ antwortet die Gemeinde.

In diesem Jahr ist den christlichen Gemeinden die Möglichkeit genommen, Ostergottesdienste in den Kirchen zu feiern. Das schmerzt uns sehr. Wir werden den ersten Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung ähnlich. Die haben sich ängstlich versteckt, bis Jesus Christus sie in ihrem eigenen Haus wieder aufgesucht und mit den Worten begrüßt hat: „Friede sei mit euch!“. Wir bleiben aus anderen Gründen in unseren Häusern. Wir sind traurig und bedauern, dass Kirchen geschlossen bleiben, aber wir haben kein Selbstmitleid. Wir wollen unter denen gefunden werden, die dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Wir wollen unter denen gefunden werden, die unser Gesundheitssystem arbeitsfähig halten, damit es Leben retten kann. Wir denken besonders an erkrankte und hoch gefährdete Menschen. Wir denken an die Geschwister in allen Teilen der Welt. Wir denken an die Geflüchteten und Schutz suchenden Menschen. Sie sind der Pandemie stärker ausgeliefert als wir.

Mit Wucht erleben wir die Grenzen des Machbaren. Die globalen Ohnmachtserfahrungen lösen ein neues Nachdenken über die Unverfügbarkeit des Lebens aus. Der Umgang mit dem Unverfügbaren ist christlichem Glauben vertraut. In aller Hilflosigkeit suchen wir Geborgenheit bei Gott und vertrauen der Zusage Jesu: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“
Distanz halten zu müssen, macht Kirchengemeinden hoch kreativ, Menschen auf lange vergessene oder nie erprobte Weise nahe zu sein. Wir merken, dass auch der vorübergehende Verzicht auf direkte körperliche Nähe ein Liebesbeweis sein kann. Mehr als sonst sind wir für den Dienst der Unsichtbaren dankbar, den Dienst der Betenden, der Mutmachenden, der helfenden Hände. Wir danken allen, die einander beistehen. Gott segne Sie!

Wir sind dankbar für den Dienst aller Menschen, die unsere Gesellschaft versorgen. Wir sind dankbar für alle neuen Formen von Nachbarschaftshilfe und wechselseitiger Aufmerksamkeit. Das alles wird nach dieser bösen Zeit nicht ungeschehen sein. Wir wünschen uns, dass wir von der Hoffnung dieser Tage länger erzählen werden als von der Angst.
Es steht viel auf dem Spiel: Der Schutz des Lebens, die Würde jedes Menschen, die Freiheitsrechte, der Wohlstand unseres Landes, die berufliche Existenz Vieler, Kultur und Künste. Wir vertrauen darauf, dass in den notwendigen Abwägungen dieser Wochen verantwortliche politische, rechtliche und ethische Entscheidungen gefunden werden. Im Ringen um gute Lösungen werden auch Fehler gemacht. Lasst uns barmherzig miteinander sein.

Wir sind gewiss, dass die Nachricht von der Vergänglichkeit des Todes und von der Unvergänglichkeit der Liebe in der Welt bleibt. Wir lesen von ihr in den Ostererzählungen der Bibel. Oder wir hören von ihr in Internet-Angeboten, in Radio- und Fernsehgottesdiensten. Ostern findet statt.
Der Herr ist auferstanden! – Er ist wahrhaftig auferstanden!

Landesbischof Ralf Meister
Die Regionalbischöfin und die Regionalbischöfe Dr. Petra Bahr, Dr. Hans Christian Brandy, Eckhard Gorka, Dr. Detlef Klahr, Dieter Rathing