Wenn das Unglück über uns herein bricht
HNA 17.08.2024
Wozu in die Kirche gehen, wenn Gott mich am Ende doch nicht bewahrt? Wozu an einen guten Gott glauben, wenn das Schicksal darauf keine Rücksicht nimmt und mich genauso hart und ungerecht treffen kann wie jeden anderen Menschen auch? Ja, es stimmt: Kirche und Glauben sind keine Versicherung gegen irgendetwas. Als Christen stößt uns das Gleiche zu wie anderen Menschen auch. Das Schicksal macht da keinen Unterschied, oder mit anderen Worten: Gott macht da keinen Unterschied.
Und so leiden wir als Christen doppelt, wenn das Leben aus den Fugen gerät: Wir kämpfen mit der Krankheit oder dem Verlust und wir kämpfen mit Gott, der das alles nicht verhindert hat. Im Alten Testament gibt es die Geschichte von Hiob, dem innerhalb kurzer Zeit alles genommen wird. Hiob sitzt sprachlos in Trauer und seine Freunde trauern mit ihm – sieben Tage lang, schweigend, denn jedes Wort ist zu viel in dieser Zeit. Hiob selbst beendet das Schweigen. Er beklagt sein Leid und er kommt mit den Freunden ins Gespräch. Gemeinsam ringen sie um Trost, wo es eigentlich nichts zu trösten gibt.
Wenn wir uns als Christen trösten (nach der Zeit der ersten Trauer), dann streuen sich über kurz oder lang Gedanken der Hoffnung ein. Ganz leise und vorsichtig suchen wir nach einem Wort, das uns trösten kann. Der ein oder andere Bibelvers fällt uns ein, der uns im Leben wichtig geworden ist. Welchen Vers habe ich, der mich trägt, der mich rettet, wenn alles um mich herum zusammen bricht? Ich schaue auf das Kreuz: Jesus, unschuldig leidend. Und zugleich höre ich ein Wort der Hoffnung: von ihm, der Schmerz und Tod überwunden hat. Und erst jetzt spüre ich, dass es sich lohnt, Worte der Hoffnung zu sammeln. Sie entwickeln eine eigene Kraft, auch dann, wenn es eigentlich nichts zu trösten gibt.
Matthias Lüskow, Pastor in der Kirchengemeinde Leine-Weper