Timo Baumgartl, 26 Jahre, Verteidiger
Ich stelle noch schnell Samstag abend um 23 Uhr den Fernseher an, um die Zusammenfassung der Fußball Bundesliga zusehen. Recht bald wird auch der Live Gast des Abends angekündigt: Timo Baumgartl von Union Berlin. Er gehört zu den prominenten 5 Leistungsspotlern, die in diesem Jahr an Hodenkrebs erkrankt sind. Warum das so in der Häufigkeit vorkommt, hat die Medizin noch nicht ergründen können. Er berichtet davon, wie er turnusmäßig zur Vorsorge ging, der Arzt eine weitere Untersuchung anordnete, weil da was „zu sehen“ sei. Timo Baumgartl erzählt, wie erschüttert er war, als das positive Ergebnis der Histologie kam, und dass seine Freundin und er tagelang nur geweint hätten. Er berichtet weiter von der Chemo, vom Auf und Ab, vom Ausfallen der Haare. Das Publikum hört gespannt zu, der Moderator fragt nach, wie er sich Mut gemacht habe. Timo Baumgart benutzt das Wort ‚visualisieren‘. Er hat sich immer wieder vorgestellt, wie er bald auf dem Platz steht, mit seinen Mitspielern trainiert und dann auch um den Sieg antritt. Und er berichtet davon, dass man als Profisportler einen Schutzpanzer anerzogen bekommt. Man soll in den Medien nichts von Krankheit und Schwäche erzählen. Aber er will das nicht. Er hat im Krankenhaus erlebt, dass erkrankte Menschen den gleichen Kampf wie er zu bestehen haben und die will er ermutigen. Mir fällt dazu das Wort von Jesus Christus ein: „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Jesus hat es mal seinen Freunden mit auf den Weg gegeben. Der Moderator setzt zur letzten Frage an: „Ob sich bei ihm, nachdem er nun wieder auf dem Platz steht, was geändert habe?“ Timo Baumgartl resümiert: „Als Fußballer will ich siegen, aber in der Nachbetrachtung eines Spiels, sieht man Dinge auch anders, und wenn ich einem Menschen durch mein Statement heute weitergeholfen habe, dann ist das auch was wert.
Ihr Martin Possner
Pastor und Seelsorger
im Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen in Moringen
