Die „Nummer 1“ ist schon 400 Jahre alt
von Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling
Ist es überhaupt an der Zeit, ein fröhliches Lied zu schreiben? Georg Weissel sagt ja. Er ist Pastor und Lieddichter und setzt sich an seinen Schreibtisch. Er nimmt Stift und Papier in die Hand und notiert die erste Zeile: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Vor genau 400 Jahren, am 2. Advent 1623, wurde sein Lied erstmals gesungen.
23 Lieder stammen aus seiner Feder. Nun schreibt der Lieddichter ein Friedenslied für seine Stadt und sein Land. Die Zeiten sind hart. Seit fünf Jahren tobt überall in Europa der Krieg. Spätere Generationen werden ihn den Dreißigjährigen Krieg nennen. Auf den Krieg folgt die Pest. Auch seine Heimatstadt Königsberg bleibt nicht verschont. Tausende Tote müssen begraben werden.
Dennoch schreibt Georg Weissel ein Lied, das Mut machen und Hoffnung schenken soll. Er schreibt vom „Herrn der Herrlichkeit“, vom „König aller Königreich“, vom „Heiland aller Welt zugleich“. Er schreibt voller Glauben und Zuversicht. Und er setzt seine Hoffnung auf Jesus, der durch die geöffneten Stadttore einzieht und den lang ersehnten Frieden bringt.
Es muss wohl ein festlicher Gottesdienst an jenem 2. Advent des Jahres 1623 gewesen sein, als sein Liedtext zum ersten Mal gesungen wurde. Anlass war die Einweihung einer neuen Kirche in Königsberg. Jene Kirche stand aber nur 30 Jahre, dann wurde eine neue errichtet. Diese wurde dann im 2. Weltkrieg zerstört, die Ruine 1968 abgerissen.
Sein Lied aber hat die Zeiten unbeschadet überstanden. Heute ist es die „Nr. 1“. Denn wer das Gesangbuch aufschlägt, findet es an erster Stelle. Es ist das bekannteste Lied für den Advent und für die Ankunft, wie das lateinische Wort „Advent“ auf Deutsch heißt. Und nicht nur die Tür einer Kirche soll offenstehen, sondern: Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.
