Wort zum Sonntag (Anne Dill, Pastorin in der Kirchengemeinde Hardegsen)
Großstadt. Rush-Hour kurz nach Feierabend. Keine gute Idee, denke ich. Im letzten Moment registriere ich, dass ich ganz rechts rüber muss. Der hinter mir hupt wild. Sorry, bin nicht von hier. Sieht man doch am Nummernschild!
Dann taucht vor mir die Vollsperrung auf. Ich folge den Umleitungsschildern. „Wenn möglich, bitte wenden.“ Ja, wie denn? Böse schaue ich das Navi an. Folge weiter den Umleitungsschildern. So werde ich wohl nie ankommen. Ich habe längst keine Ahnung mehr, wo ich bin. Und das Navi kennt den Weg anscheinend auch nicht.
Na, super. Und jetzt?
Es gibt Zeiten in meinem Leben, da weiß ich nicht, wie es weitergeht. Muss ich jetzt links oder rechts oder doch weiter geradeaus? Kehre ich um und versuche einen neuen Weg?
Dabei geht es meist um mehr, als die richtige Straße wiederzufinden, wenn ich mich verfahren habe: Wage ich die Umschulung oder arbeite ich im Altbekannten weiter?
Geben wir die altgewordene Mutter ins Heim oder schaffen wir es zu Hause?
Jede*r von uns hat eigene Fragen.
Immer wieder merke ich dabei: Allein komme ich nicht weiter. Ich brauche jemanden, der mir den Weg zeigt. Der Klarheit hat.
„Okuli“ heißt dieser Sonntag in Kirchensprache. Auf deutsch: „Augen“. Das ist kein zufälliger Name, sondern der Anfang eines Bibelverses: „Unsere Augen sehen stets auf den Herrn.“
Ich höre das als Angebot: Ich kann auf Gott schauen. Er kennt Weg. Er ist größer als meine Widersprüche. Und er holt mich zurück, wenn ich mich verlaufen habe.
Ihm will ich mich anvertrauen.
