(M)ein Platz an einer langen Tafel
oder
„Lass deinen Segen über unsere Teller fegen“
von
Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling
Gerne sitze ich an dem schweren Eichentisch in unserer Küche. Das alte Holz erzählt viele Geschichten: Da eine Maserung, dort ein Wasserrand und am Rand eine Kerbe – wer mag an diesem Tisch schon alles gesessen haben? Hier wurde erzählt und gelacht, beraten und geschwiegen, vor allem aber gemeinsam gegessen und getrunken. In Ferienzeiten nehmen wir uns dafür mehr Zeit als sonst: Platz nehmen, zusammenrücken, anstoßen und gemeinsam die Zeit verbringen. Tische laden dazu ein und erzählen viele Geschichten.
Auch in der Bibel. An einen Tisch setzte sich Jesus im Haus des Zöllners Zachäus. So begann ein neues Leben für den Zöllner, der von allen anderen gemieden wurde. Ein anderes Mal sorgt Jesus auf der Hochzeit zu Kana an einer gedeckten Tafel für den guten Wein. Und schließlich erzählt er von Gottes großem Gastmahl, zu dem wir alle eingeladen sind. So waren auch die ersten Jüngerinnen und Jünger oft um einen Tisch versammelt. Das tun wir bis heute, wenn wir an diesen Sonntagen „Sommerkirche“ feiern und vielleicht zum Kirchenkaffee im Anschluss einladen. Eigentlich sind wir in der Kirche so etwas wie eine große Tischgemeinschaft…
Das traditionelle Tischgebet ist übrigens aus der Mode gekommen. Schade! Dabei geht es auch heiter, knapp und fröhlich wie „Herr, lass Deinen Segen über unsere Teller fegen“. Das geht übrigens auch nach dem Essen: „Heute hab` ich glatt vergessen, dir zu danken vor dem Essen. Magen voll und Teller leer, dank ich dir halt hinterher!"