Nicht alles passt auf Papier
„Da muss jetzt was passieren, sonst wird das nichts“, sagte der Klassenlehrer ernst, als er ihr das Zeugnis zum Halbjahr überreichte. Eine Fünf in Deutsch - die konnte sie gerade noch so ausgleichen. Aber die Vier in Englisch zeigte bedrohlich in Richtung Fünf.
Sie hatte die Warnung ernst genommen und sich angestrengt. In den letzten Wochen vor den Ferien wurden alle Noten besprochen. Sie wusste, was auf sie zukam. Trotzdem hatte sie Herzklopfen am letzten Schultag. Sprach morgens im Bus kein Wort. Und dann hielt sie ihr Zeugnis in der Hand. Keine Fünf. Und in der Zeile „Bemerkungen“ las sie: Versetzt nach Jahrgang 10. Sie hatte es geschafft.
Und nun lagen die Ferien vor ihr. Sechs Wochen, in denen sie machen konnte, wozu sie Lust hatte und was sie gut konnte. Schwimmen wollte sie und mal wieder in der Werkstatt ihres Opas ein bisschen schrauben. „Passt eben nicht alles in ein Zeugnis, was ich kann“, dachte sie.
Am Freitag gab es Zeugnisse. Noten auf Papier. Sie bewerten Leistungen. Doch über die individuellen Fähigkeiten und Interessen der einzelnen Schüler sagen Noten wenig aus. Unsere Kinder und Jugendlichen sind mehr als auf das Zeugnispapier passt. Das sollten wir nicht vergessen.
Elsa Höffker, Pastorin der Kirchengemeinden Dassensen-Wellersen und Iber-Odagsen in der Region Leinetal-Ahlsburg