Stille Nacht, „heilende“ Nacht?
von Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling
Das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ gehört für viele Menschen einfach zu Weihnachten dazu. Wir hören das Lied im Radio oder singen es Heiligabend - so wie wir auch das Haus schmücken, Geschenke einpacken, den Tisch festlich decken und uns an die Weihnachtsgeschichte erinnern. Alles zusammen ist für viele die „perfekte Weihnacht“.
In diesem Jahr jedoch schwingt noch etwas anderes mit. Wir sorgen uns um die Kriege der Welt, um den Frieden in der Gesellschaft und um das Klima der Erde. „Krisenmodus“ wurde darum zum Wort des Jahres gewählt. Ein Schatten legt sich auf den Glanz dieses Festes – feiern wir wirklich eine „Heilige Nacht“?
Aber vielleicht kommen wir in schwierigen Zeiten der Weihnachtsgeschichte sogar ein Stück näher. Denn „heilig“ war diese Geschichte zu Anfang nicht: Untertanen in einem besetzten Land werden zu einer Volkszählung gezwungen. Eine hochschwangere Frau findet keine Unterkunft. Ein Kind kommt an einem unwirtlichen Ort zur Welt. Und nur ein paar Hirten nehmen Anteil.
Jesus wurde auf der Schattenseite geboren – und brachte doch Licht in die Welt, so wie es die Engel verkünden: „Euch ist heute der Heiland geboren“. In diesem schönen Wort „Heiland“ klingt die gesamte Weihnachtsgeschichte mit. Sie trotzt allen Widrigkeiten, gerade in schweren Zeiten. Eine „Heilige Nacht“ wird es im Krisenjahr 2023 vielleicht nicht werden, aber eine „heilende Nacht“ – die wünsche ich Ihnen von Herzen.
