Die Reise der Störche
Der Storch weiß es besser
In der letzten Woche hatten wir Gäste aus Tansania bei uns in der Apostelgemeinde. Während wir auf ihre Ankunft warteten, liefen die ersten Hochrechnungen der Europawahl über den Bildschirm – die Stimmung war gedrückt. Doch zum Glück brachte die Woche ausreichend Ablenkung voller spannender Begegnungen, die meinen Horizont erweiterten. Vorher wusste ich wenig über das Land im Südosten Afrikas. Und auch nichts über die dortige Kultur, religiöse Bräuche oder Nahrungsmittel. Das hat sich geändert: In diesen sieben Tagen haben wir am Esstisch über die Wehrpflichtregelungen unserer Länder diskutiert, in der Küche Mandaazi gebacken und gemeinsam gesungen. Die tansanischen Lehrkräfte waren erstaunt, wie viele Kinder hier einen Migrationshintergrund haben. Und wie wenig diese zugleich über fremde Kulturen wissen.
Durch Zufall fand ich an einem Morgen heraus, dass unsere beiden Länder durch die Tierwelt verbunden sind: Die Weißstörche, die in Höckelheim und an vielen anderen Orten gerade geschlüpft sind, werden im Herbst nach Tansania fliegen und dort überwintern. Diese Tiere fühlen sich an beiden Orten zuhause und sind weder hier noch dort fremd. Im Buch des biblischen Propheten Jeremia heißt es „Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit.“ Vielleicht können wir von den Störchen lernen: Es ist Zeit, Grenzen zu überwinden und Neuem zu begegnen. So könnten wir auch vor der menschlichen Kälte in Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entkommen.
Pastorin Susanne Barth, Apostelkirche Northeim
