Der Geschmack der Spaghetti
Neulich Im Urlaub. Ich saß mit meiner Frau in einer Pizzeria. Schräg gegenüber saß eine Gruppe von jungen Leuten, die schon beim Speisen war. Mir fiel ein junger Mann auf, der versuchte mit einer Gabel in der rechten Hand seine Spaghetti in den Griff zu kriegen. Zugleich beteiligte er sich intensiv am Tischgespräch. In der linken Hand hielt er sein Handy und tippte und wischte ständig über den Bildschirm. Immer neue Nachrichten schienen reinzukommen. Zum einen dachte ich, noch einer der Multitasking fähig ist. Mir wurde ganz schwindelig, während ich ihm zusah. Zum anderen dachte ich, ob er überhaupt den Geschmack der leckeren Spaghetti wahrnehmen kann?
Die deutsche Liedermacherin Dota Kehr hat ein Lied getextet und komponiert, welches den Titel trägt „Einfach zu abgelenkt“. Im Lied heißt es unter anderem, „es reicht nur noch für die Fotos und die Kommentare, für die Empörung von irgendjemands Haare…Nicht mehr für große Utopien, einfach zu abgelenkt … Ich spür gar nichts mehr, einfach zu abgelenkt.“
Dann dachte ich daran, dass Jesus in seiner berühmten Bergrede uns auf Eindeutigkeit hingewiesen hat. “Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein.“ Das kann man auch so verstehen, dass ein Nacheinander im Leben sinnvoller ist als ein ständiges nebeneinanderher von Dingen. Das gilt nicht nur für den Geschmack von Spaghetti. In einer komplexen Welt ist das durchaus schwierig. Aber ich denke, es lohnt sich. Was denken Sie?
Martin Possner
Pastor und Seelsorger im Maßregelvollzugszentrum in Moringen